„Bärenmarkt-Zyklus“ im Anleihenbereich vor seinem Ende

Wie zu erwarten hat die gegenwärtige Krisensituation im Nahen Osten zu einem Verkaufsdruck an den internationalen Aktienmärkten geführt und damit die seit August laufende Korrekturphase um ein weiteres Monat verlängert. So stark die Börsen im ersten Halbjahr unter der Einwirkung der KI-Phantasie gestiegen sind, so hartnäckig hält sich zurzeit der Kursrückgang an den Märkten. Ungeachtet der allgemein positiven Konjunktursituation in den Vereinigten Staaten mit robustem Konsum und Arbeitsmarkt wurden von internationalen Investoren entsprechende Gewinnmitnahmen vorgenommen.

Fundamental zeigt sich die US-Wirtschaft entgegen pessimistischer Marktmeinungen in einer unverändert guten Verfassung. Die neuesten Daten weisen für das dritte Quartal sogar ein hochgerechnetes Wachstum von 4,9 Prozent aus, was klar über den Erwartungen vieler Analysten liegt. Diese Zahlen sind gerade unter dem Aspekt der erfolgten, signifikanten Zinserhöhungen als bemerkenswert einzustufen. Insgesamt ist für heuer laut Schätzungen ein BIP-Zuwachs von 1,8 Prozent zu erwarten. Hinzu kommen noch die äußerst erfreulichen Zahlen bezüglich der Inflation, die einen nachhaltigen Rückgang signalisieren und damit der Federal Reserve genügend Spielraum in der weiteren Bekämpfung der Teuerung gewähren.

Rückblickend hat die US-Notenbank seit März des Vorjahres mit ihrem strikten geldpolitischen Vorgehen eine rasche und nachhaltige Wende in der Inflationsentwicklung geschafft, wobei die Geschwindigkeit und Stetigkeit des Rückgangs von den wenigsten Analysten in dieser Form erwartet wurden. Mit bis dato elf Zinsschritten gelang es, einen erfolgreichen Disinflations-Prozess auszulösen, ohne die Konjunktur dabei nennenswert zu beeinträchtigen. Sollte sich diese Tendenz sinkender Teuerungsraten auch in den nächsten Monaten fortsetzen, ist davon auszugehen, dass das Ende der Zinserhöhungen erreicht ist, auch wenn nach wie vor namhafte Ökonomen von ein bis zwei zusätzlichen Erhöhungen ausgehen. Selbst in diesem Fall dürfte sich damit aber nur wenig am Gesamtausmaß der bisherigen Leitzins-Anhebungen ändern, ebenso sollten einschneidende Markteffekte ausbleiben. Selbstverständlich gilt zu erwähnen, dass jederzeit externe Ereignisse eintreten können, die einer solchen Entwicklung entgegenstehen.  

Hinsichtlich der konjunkturellen Perspektiven der USA für 2024 zeigen bestimmte Frühindikatoren auf eine Abschwächung des Wirtschaftsumfeldes hin, allerdings dürfte ein richtiges Rezessions-Szenario mittlerweile ausgeschlossen sein. Sollte dies tatsächlich so eintreten und sich in der Realwirtschaft sowohl Konsum, Investitionen und Arbeitsmarkt in Richtung eines „Soft Landings“ abkühlen, dürften die Auswirkungen auf die Finanzmärkte überschaubar bleiben, da bereits vielfach Gewinnrevisionen stattgefunden haben. Gleichzeitig könnte in diesem Umfeld mit ersten Zinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte gerechnet werden, was für die Börsen als wichtiges Momentum zu werten ist.

Im Euro-Raum zeichnet sich ebenfalls eine deutliche Abschwächung der Preissteigerungen ab. So bewegt sich die Inflation im Oktober mit 2,9 Prozent schon knapp im Zielbereich von zwei Prozent, was auch der Europäischen Zentralbank eine „Verschnaufpause“ verschafft. Für die EU gilt, dass bis auf die Ausnahme Deutschland das Wirtschaftswachstum im heurigen Jahr mit prognostizierten 0,9 Prozent leicht positiv ausfallen wird, während für 2024 sogar mit einem leichten Anstieg der wirtschaftlichen Aktivitäten in Richtung 1,5 Prozent gerechnet wird. Das bedeutet, dass unter Annahme korrekter Prognosen im kommenden Jahr eine ökonomische Abkoppelung Europas von den Vereinigten Staaten erfolgen sollte, was vor allem europäische Aktien als vorteilhaft erscheinen lässt, zumal die durchschnittlichen Bewertungen der europäischen Gesellschaften mit Abstand unter denen der US-Titel liegen.

Gold als verlässliches „Krisen-Barometer“

Traditionell gewinnt Gold immer dann an Bedeutung, wenn es zu geopolitischen Spannungen kommt. Dies hat sich zuletzt beim Ukraine-Krieg Anfang 2022 bewahrheitet und eben jetzt, angesichts der internationalen Spannungen in Nahost. In kürzester Zeit stieg diesmal der Goldpreis um circa zehn Prozent auf 2.000 US-Dollar, was einmal mehr seine Relevanz im Rahmen einer strategischen Asset Allocation unterstreicht. Nicht umsonst wird seitens der Partner Bank AG eine diesbezügliche Beimischung von Gold zu Wertpapier-Portfolios empfohlen.

Das „Revival“ der Anleihen

Fakt ist: Über die vergangenen Jahre haben Investoren mit Veranlagungen am Rentenmarkt kaum Performance erzielt und mussten sogar zuletzt deutliche Kursverluste hinnehmen.

Das hat vielfach am Markt zu Aussagen geführt, dass die klassische Diversifikation über Anleihen und Aktien ihre Bedeutung verloren hat bzw. die geringe und teilweise negative Korrelation zwischen den beiden wichtigsten Vermögenklassen nicht mehr als Argument für eine entsprechende Streuung heranzuziehen ist. Problematisch wurde speziell die Marktphase ab Jänner 2022, als es an den Anleihenmärkten zum Teil zu massiven Korrekturen gekommen ist, was für eine Vielzahl von Anlegern die Frage nach einer konservativen Veranlagung im Anleihenbereich als obsolet erscheinen ließ.   

So dramatisch sich dieser Sachverhalt auch darstellt, so prognostizierbar war leider dessen Entwicklung. Festverzinsliche Wertpapiere orientieren sich anders als Aktien sehr stark an mathematischen Faktoren, was im Fall erheblich steigender Leitzinsen zwangsläufig zu Kursverlusten führen muss, deren Intensität von der jeweiligen Restlaufzeit abhängt. Dazu kommt noch die Tatsache der seit 2015 vollzogenen Nullzins-Politik der EZB, wodurch in den letzten fünf Jahren bestenfalls eine Seitwärtsbewegung in der Performance zu erzielen war, weil „alte“ Anleihen angesichts der nicht mehr senkbaren Zinsen kaum Kursgewinne verzeichnen konnten und neue Bonds keine Erträge abgeworfen haben.

Mit der abrupten geldpolitischen Wende 2022 und den unerwartet starken Zinsanhebungen fielen logischerweise alle Kurse, was im Gegenzug allerdings die Rendite wieder auf attraktive Levels gehoben hat. Daher hat sich die Ausgangssituation für Investoren im Anleihenbereich komplett verändert. Bonds wurden durch den „Sell-off“ der vergangenen Quartale erneut zu einem zielorientierten Anlageinstrument. Speziell im Hinblick auf künftige Leitzins-Senkungen sind sie interessant, da neben aktuellen Kupons in attraktiver Höhe künftig auch wieder Kursgewinne zu erwirtschaften sind.

Wesentlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass es nach der Finanzkrise 2007/2008 eine noch nie dagewesene Marktphase gegeben hat, bei der es entgegen makroökonomischer Lehre sogar zu Negativ-Zinsen gekommen ist, was den herkömmlichen Mechanismus der Anleihenmärkte vollkommen durcheinander gebracht hat. Diese außergewöhnliche Konstellation sollte jetzt wieder korrigiert sein und Fixed Income als Asset-Klasse zukunftsträchtige Perspektiven eröffnen.

 
Aktienmärkte im Oktober
Die internationalen Börsen waren auch im Oktober von Gewinnmitnahmen geprägt, die zu insgesamt moderaten Kursrückgängen geführt haben.

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Partner Bank AG