Wir wollten von einer absoluten Top-Expertin wissen, wie sich die Corona-Krise auf den internationalen Börsen niederschlägt. Elham Ettehadieh, Vorständin der Partner Bank AG, blickt im spots-Interview auf die aktuellen Entwicklungen zurück und gibt Einblicke in das internationale Börsengeschehen. Uns sie erklärt, wie es gelingen kann, mit einem gesunden Portfolio die Krise gut zu überstehen.

Frau Mag. Ettehadieh, zu Beginn vielleicht eine ganz persönliche Frage: Wie geht es Ihnen in dieser aktuellen Zeit?

Frau Mag. Ettehadieh: „Sehr gut, ich bin voller Dankbarkeit – für die Gesundheit meiner Lieben und meiner selbst, dafür in einem so gut organisierten Land zu leben und eine erfüllende Arbeit zu haben, der ich nach wie vor nachgehen kann. Und das vermehrte Arbeiten im Homeoffice hat auch seine Vorteile – im Homeoffice kann man bequemeres Schuhwerk tragen.“

Frau Mag. Ettehadieh beim vion Congress 2019

Seit März dieses Jahres hat sich unser gewohntes Leben massiv verändert. Das Covid-19 Virus ist in unser Leben getreten und ist seither ein Begleiter unseres Alltags und wird dies – nach Meinung vieler Experten – auch noch eine lange Zeit sein. Die unmittelbaren Auswirkungen auf unseren persönlichen Alltag, auf unsere persönlichen Gewohnheiten, haben wir ja selbst alle gespürt – wie hat sich das Corona-Virus auf die Kapitalmärkte ausgewirkt seit März?

Frau Mag. Ettehadieh: „In den letzten Wochen waren wir Zeitzeugen von historischen Rekorden. Am 16. März erlebten wir zum Beispiel den stärksten Börsenkurseinbruch seit Oktober 1987, zwei Tage darauf erreichte der Volatilitätsindex auf den S&P 500, der die Kursschwankungen von 500 der bedeutendsten US-Unternehmen misst, seinen höchsten Wert seit 1990. Und in den USA sind durch die Krise über 30 Millionen Arbeitslose dazugekommen, wo doch Ende 2019 fast eine Vollbeschäftigung erreicht worden war. Aber bei den Kapitalmärkten gibt es nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner: So verzeichnete der Dow Jones Industrial Average Aktienindex Ende März mit +21,3 Prozent den stärksten Dreitagesgewinn seit 1931, und der April 2020 verzeichnete überhaupt den stärksten Monatsgewinn an den amerikanischen Börsen seit 1987. Anleger, die in Qualitätsaktien von Top Unternehmen investiert waren, haben interessanterweise mit Stand Ende April im Vergleich zu den großen Aktienindizes nur geringfügig verloren und teilweise sogar zugelegt.“

Wie hat sich diese Situation auf die Partner Bank AG selbst ausgewirkt?

Frau Mag. Ettehadieh: „Die Partner Bank kann auf eine erfolgreiches erstes Quartal 2020 zurückblicken. Unsere Vermögensverwaltungen haben sich Dank ihrer strategischen Ausrichtung und Anlagephilosophie großartig gehalten und wir haben einen Drei- Jahres-Rekord an Neukundenumsatz.“

Krisen gibt es leider immer wieder: Kann man die derzeitige Situation mit anderen Krisen vergleichen? Was ist anders als bei der Finanzkrise 2008?

Frau Mag. Ettehadieh: „2008 war im Kern eine Immobilienfinanzierungs- und Bankenkrise, wobei Amerika nicht bereit war, zu intervenieren und die Europäer die unterkapitalisierten Banken mit massiven Staatshilfen retteten. Es war aber klar, dass die Krise wiederkehrt, da die Staatsschulden sich immer weiter vergrößern und die ungleiche Verteilung des Einkommens und Vermögens zwischen den Ländern und innerhalb der Länder sich laufend vergrößert. Wir haben nun das Jahr 2020 und diese Extremen haben sich ausgeweitet. 40 Prozent der Amerikaner haben weniger als 400 USD Ersparnisse. Bei einer von außen induzierten Krise, wie bei Corona, leiden diese besonders, weil die Krankenversicherung mit dem Ausscheiden aus einem Unternehmen erlöscht.

Diesmal haben jedoch die Regierungen weltweit sofort reagiert und massiv Billionen Dollar und Euros in die Wirtschaft und Märkte gepumpt, um den Kollaps zu verhindern. Diese Interventionen werden zu einem noch größeren Schuldenrisiko wachsen und somit die Ersparnisse der Bevölkerungen entwerten und zukünftigen Generationen Lasten aufbürden. Leiden werden besonders diejenigen ohne Ausbildung und Arbeit. Aber auch diejenigen, die ihre Reserven in Geldwerten belassen. Profitieren werden die besten Weltunternehmen und Gold, sowie diejenigen, die ein Eigenheim bzw. Immobilien besitzen.

Zuviel Schulden zu haben ist gefährlich, da Liquidität wichtig ist, aber zu viel Liquidität in Form von Geldwerten auf Sparbüchern auch, weil diese entwertet werden. Es gibt genügend Beispiele dafür. Heute, aber auch in der Vergangenheit.“

Wie geht es Ihnen als Vorstand einer Privatbank mit der aktuellen Situation? Die Grätsche zwischen Homeoffice und Büro?

Frau Mag. Ettehadieh: „Dank unseres Geschäftsmodells sehr gut. Die Digitalisierung war so weit vorangeschritten, dass wir einen reibungslosen Bankbetrieb schaffen konnten und ich auch mit allen in der Bank über Microsoft Teams verbunden bin. Mitarbeiter, Geschäftspartner und selbst Kunden sind schnell auf Videokonferenzen umgesattelt und so ist der Kontakt und die Zusammenarbeit aufrecht – insgesamt sogar intensiver als zuvor. Für Homeoffice während der Covid-19-Einschränkungen fand ich eine disziplinierte Einhaltung einer Tagesroutine besonders hilfreich: Täglich zur selben Zeit aufstehen, Sport betreiben, Bürokleidung anziehen, „ins Büro gehen“ aka zum Schreibtisch setzen und fixe Arbeitszeiten und Erholungsphasen abseits von Screens und Tastaturen – schafft Struktur und gleichzeitig Balance und Entspannung.“

Es heißt immer, man solle aus Krisen lernen – gibt es jetzt schon Lehren, die man aus dieser Krise ziehen kann, wenn es um das Thema „Geld anlegen“ geht?

Frau Mag. Ettehadieh: „Seine Investitionen breit zu streuen. Ausschließlich in die besten Unternehmen der Welt investieren, die sich auch schon in früheren Krisen bewiesen haben. Und, einen Schwerpunkt auf Sachwerte legen wie Aktien, Gold und Immobilien, um der Geldentwertung entgegenzuwirken. Vermeiden soll man riskante Anlagen wie Nachranganleihen und schlechte Schuldner.“

Welche Branchen sind Ihrer Meinung nach Krisengewinner – und damit potenziell auch ein guter Kauf für Aktien von Unternehmen aus diesen Bereichen?

Frau Mag. Ettehadieh: „Die großen Gewinner waren einige Top-Technologienunternehmen und vereinzelt Unternehmen aus der Pharmaindustrie. Aber auch eine Reihe von Top Unternehmen in den Bereichen Konsumgüter, Gesundheits- und Unterhaltungsindustrie haben sich erstaunlich gut bewährt bzw. können nach langer Zeit erstmals wieder günstiger gekauft werden.“

Wer unabhängig von den Entwicklungen am Aktienmarkt sein will, setzt gerade in der Krise auf Gold. Man hat auch aktuell einen „Run“ auf Gold erlebt. Lohnt sich der Einstieg jetzt besonders?

Frau Mag. Ettehadieh: „Gold kann durchaus steigen. 3.000 Dollar oder mehr pro Unze sind auch möglich bei dem Volumen an Geld, das derzeit gedruckt wird. Jedenfalls ist Gold durch alle Weltkrisen der letzten 1.000 Jahre werterhaltend gewesen.“

Glauben Sie werden wir nach dieser Krise in einer anderen Welt leben? Wie wird die Welt nach dieser Krise aussehen?

Frau Mag. Ettehadieh: „Ja, das denke ich schon. Wie schwierig die Dinge derzeit auch sein mögen und wie nahe einige Teile der Gesellschaft auch an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht werden – die Menschheit wird letztlich durch diese Feuerprobe gehen und daraus mit größerer Einsicht und mit einem tieferen Verständnis für die ihr innewohnende Einheit und gegenseitige Abhängigkeit hervortreten. Und ein jeder von uns kann privat als auch im Berufsleben einen Beitrag leisten zur Besserung unserer Gesellschaft – einer Gesellschaft des nachhaltigen Friedens und Wohlstands für alle.

Doch man muss sich auf einen steinigen Weg gefasst machen, und sein Möglichstes tun, dafür gut gerüstet zu sein. Im Bereich der persönlichen Vorsorge heißt das, unbedingt große Teile des Vermögens in Sachwerten zu halten, um die mittelbaren Auswirkungen der Krise gut überzustehen oder daraus sogar vermögender hervorzugehen: Mit Investments in Immobilien, Qualitätsaktien und Reserven in physischem Gold. Eine professionelle und persönliche Finanzberatung und -Begleitung sind da der Schlüssel.

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Auf Dauer ist das Leben in der Isolation nichts. Menschen gehen jetzt auch vermehrt wieder in die Geschäfte, um soziale Kontakte zu haben, berichten viele im Einzelhandel. Ich bin mir sicher, dass unser Geschäftsmodell mit der Beratung sehr nachgefragt sein wird, weil der Mensch möchte letztlich schon mit anderen Menschen reden und nicht auf Dauer eine Einsiedler bleiben. Eine Krise schafft viel Klarheit. Was zählt wirklich im Leben? Liebe ich meinen Beruf? Viele wollen sich auch beruflich verändern oder müssen sich verändern und Nebentätigkeiten aufnehmen, weil sie vom Hauptberuf alleine in der Corona-Krise auf Dauer nicht nachhaltig leben können. Das Bewusstsein für die private Reserve, zusätzlich zur gesetzlichen Vorsorge nimmt zu. Wenn es weniger Erwerbstätige gibt, dann leidet auch das Pensionssystem und es ist umso wichtiger, auf sich selbst und seine Lieben zu schauen und mit Qualität für die Zukunft vorzusorgen.“