Umschichtung internationaler Investoren in günstige Value-Aktien und Nebenwerte.

Angeheizt durch den weltweiten Hype um das Thema der künstlichen Intelligenz konnte der technologielastige NASDAQ Composite-Index heuer das erfolgreichste erste Halbjahr seit 40 Jahren verzeichnen. Noch nie seit 1983 hat dieser wichtigste amerikanische Index für Wachstums- und Technologie-Werte in den ersten sechs Monaten ein besseres Ergebnis erzielt als diesmal. Insgesamt ist es das drittbeste Halbjahres-Resultat seit seiner Einführung im Jahre 1971.

Verantwortlich für die außergewöhnlichen Kursgewinne sind vor allem die massiven Zuflüsse in die allseits bekannten Big Tech-Konzerne, die aufgrund ihrer enormen Marktkapitalisierung den Index dominieren und ihn damit notgedrungen nach oben gehievt haben. Es ist der allgemeine Trend hin zu indexorientierten Veranlagungen, speziell Momentum-Strategien, die den Markt quasi selbst „befeuern“, indem die steigenden Kurse zu einem Anwachsen der Börsengewichtungen der einzelnen Werte führen und dies in Folge laufende Zukäufe durch die jeweiligen ETF-Anbieter bedingt.

Wie allerdings in den vergangenen Marktberichten schon erwähnt, haben sich die Bewertungen der entsprechenden Gesellschaften durch diesen „Tech-Boom“ deutlich nach oben verschoben, weshalb eine Fortsetzung der Rallye trotz hoher Profitabilität der entsprechenden Unternehmen für Analysten und Investoren immer schwieriger zu rechtfertigen ist. Dazu kommt noch die extreme Konzentration innerhalb der einzelnen Indizes auf einige wenige „Schwergewichte“. So zum Beispiel decken die zehn größten Werte im NASDAQ-100 mehr als die Hälfte der gesamten Marktkapitalisierung des Index ab.

Dieselben Mega-Caps spielen aber auch im eigentlich breiten S&P 500-Index der USA ihre unübersehbare Dominanz aus, bei dem sie bereits ein Drittel der gesamten Kapitalisierung auf sich vereinen. Veranlagungen an den Aktienbörsen sind bekanntlich nicht immer als rational zu betrachten, vielfach lösen „Modeerscheinungen“ oder Visionen gewisse Begehrlichkeiten aus, die mitunter ein herdengetriebenes Investitionsverhalten vieler Marktteilnehmer hervorrufen. Mediale Berichterstattungen verstärkten solche Trends, wodurch sich über die Zeit unterschiedliche Arten von Verzerrungen an den Märkten herausbilden, wie eben im Moment im Technologie- und KI-Bereich.

Die erreichten Kurs-Gewinn-Verhältnisse dieser Valoren liegen dabei signifikant über ihren historischen Niveaus, womit eine vorübergehende Konsolidierung unerlässlich erscheint. Gemäß dem Motto, dass „Bäume nicht in den Himmel wachsen“, sind solche Rücksetzer wie im Juli als „gesund“ zu betrachten, damit sich ein Aufwärtstrend längerfristig etablieren kann. Da die betreffenden Unternehmen unverändert positive Umsatz- und Gewinnzahlen liefern, erfolgt mit der Korrektur bei vielen Anlegern in erster Linie eine Re-Positionierung. Dabei geht es keineswegs um den völligen Abverkauf dieser Titel aus den Depots, sondern nur um die maßvolle Reduktion und Umschichtung hin zu attraktiven, günstiger bewerteten Aktien aus anderen Bereichen, Segmenten und Branchen.

Gleichzeitig eröffnen die gesunkenen Kurse auch vielen abwartenden Investoren, die bis dato noch nicht engagiert waren, die Gelegenheit zu einem strategischen Einstieg. An der prinzipiellen „Story“ des überdurchschnittlichen Wachstums der „Tech-Giganten“ wird sich fundamental so schnell nichts ändern. Diese werden weiterhin überzeugende Wertsteigerungen liefern, allerdings in absehbarer Zeit nicht mehr im gleichen Tempo und Ausmaß wie in den sechs Quartalen seit Ende 2022 zuvor.

Umschichtungen in Value-Aktien und Nebenwerte

Aufgrund der hohen Bewertungen von Blue Chips aus dem Tech- und Growth-Bereich könnte sich allmählich eine nachhaltige Rotation in Gang setzen, worauf zumindest einige Anzeichen hindeuten. Alternativen dazu bestehen vor allem bei Standardwerten aus dem Value-Bereich, die allesamt weitaus günstigere Bewertungen aufweisen und sich im Zuge der Korrektur ab Mitte des Monats daher auch recht positiv gehalten haben.

Der Dow Jones-Index beispielsweise, der mehrheitlich aus Value-Werten zusammengesetzt ist, verblieb stabil und konnte anders als der NASDAQ-Index im abgelaufenen Monat sogar um mehr als vier Prozent zulegen. Speziell in Europa ist das Thema Value viel stärker ausgeprägt als in den USA, da es naturgemäß weniger große Technologie-Firmen gibt. Generell kann dazu gesagt werden, dass die seit der Finanzkrise 2007/2008 bis 2021 andauernde Niedrig- bzw. Null-Zinsphase allen Growth-Titeln einen immensen Schub verliehen hat, da ihr Wachstum über tiefere Zinsen leichter finanzierbar war.

Erst mit den heftigen, inflationsbedingten Zinserhöhungen im Jahre 2022 hat sich das Bild insofern geändert, als diese Titel unter Druck gerieten und sich nur dank der aufkeimenden KI-Thematik ab 2023 wieder nach vorne katapultieren konnten. Ein weiteres Anzeichen einer Rotation ist auch am starken Anstieg wichtiger Small- und Mid Cap-Indizes wie dem amerikanischen Russell 2000 zu erkennen. Gerade diese Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung leiden am gegenwärtigen Hochzins-Umfeld, da sie im Vergleich zu Large-Caps stärker von Fremdkapital-Finanzierungen abhängen, was im Moment in Anbetracht der erhöhten Leitzinsen als beträchtlicher Nachteil anzusehen ist.

Mit den sich nun verdichtenden Hinweisen auf eine baldige Zinssenkung in den USA bieten Nebenwerte folglich ein sehr attraktives Potenzial. So handeln zurzeit Small- und Mid Caps mit einem historisch hohen Bewertungsabschlag zu den großen Aktiengesellschaften. Dank der guten Konjunktur in den Vereinigten Staaten erwarten Ökonomen und Analysten für die Nebenwerte in der laufenden Berichtssaison bereits ein durchschnittliches Gewinn-Plus von 18 Prozent, was doppelt so hoch wäre wie das der US-Blue Chips.

Inwieweit nun tatsächlich die „Zeit der Kleinen“ angebrochen ist, wird zwangsläufig vom weiteren geldpolitischen Kurs der US-Notenbank abhängen. Sollte sich die Inflationsrate nicht in angemessener Form zurückbilden und entgegen den Erwartungen hartnäckig im Bereich von drei Prozent (Juni 2024) verharren, dürfte die aktuelle Kurserholung nur von kurzer Dauer sein, was aber nichts an der prinzipiellen Attraktivität ändert. Dann würde sich das Recovery-Potenzial eben erst im Laufe der Zinssenkungen in 2025 einstellen.

Aktienmärkte im Juli 2024

Die Markt-Korrektur im abgelaufenen Monat betraf grundsätzlich alle Märkte, wobei insbesondere Technologie- und Wachstumsaktien abverkauft wurden.

Substanzwerte hingegen konnten sich gut behaupten. Besonders gefragt waren erstmals Small- und Mid Caps, die gemessen am Russel 2000-Index sogar um zehn Prozent zulegen konnten.

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